30.07.2021 Heftige Superzellen über Graz

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jfk
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Samstag 31. Juli 2021, 09:45

Hallo!

Am 30.07.2021 kam es zu einem überraschenden Unwetter-Outbreak im Süden. Aber alles der Reihe nach. Nach der Arbeit traf ich mich gegen 15:00 Uhr mit Papa Harald (@hhkes) und Thomas (Pf) in Feldkirchen bei Graz. Im Norden entwickelten sich bereits einige Quellwolken, die aber rasch wieder eingingen. Die Bedingungen waren aber gut, die Temperatur lag bei 31 C über 17 C Taupunkt und leichtem Südostwind.
Gegen 16:30 Uhr entwickelte sich eine erste konkrete Zelle zwischen St. Michael und Übelbach mit Zugrichtung Südost, obwohl die Höhenströmung die anderen Gewitter nach Nordosten transportierte.

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Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/regenra ... 1810z.html)

Von Feldkirchen aus hatte man leider noch keine Sicht auf die Zelle, da sich davor eine kleinere Zelle gebildet hatte, die von der „Übelbacher-Zelle“ eingesaugt wurde:

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Gegen 17:00 Uhr brachen wir auf und fuhren zum Nordende des Flughafens, wo wir uns mit dem slowenischen Chaser Kristijan Cizerl (Skywarn-Forum „Stormchaser175“) trafen. Der Aufwindbereich der Multizelle war bereits zu sehen, es entwickelte sich eine gewaltige Superzelle samt rotierender Meso mit Downburst direkt über dem Grazer Stadtgebiet (ca. 17:15 – 17:20 Uhr; Blickrichtung Nord):

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Eine klassische Superzelle (17:30 – 17:45 Uhr):

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Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/regenra ... 1810z.html)

Die Zelle drückte es stark nach Südosten, ein Right-Mover war geboren. Über der Stadt gab es Starkregen, Sturmböen und Hagel (bis 5 cm):

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Quelle: Radarska Slika Padavin (http://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

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Nun war es an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Fahren wir weiter nach Südosten, um diese Zelle zu verfolgen, oder erwarten wir eine weitere Entwicklung im Westen. Da
diese Superzelle einen extrem langen Inflow hatte und dieser im Westen sehr gut entwickelt aussah, beschlossen wir nach Süden zu fahren und auf eine Neubildung zu setzen.
Das Radar gegen 18:00 Uhr zeigte, dass es die richtige Entscheidung war. Aus dem Inflow-Boundary entstand eine weitere heftige Superzelle:

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Quelle: Radarska Slika Padavin (http://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

Gegen 18:15 Uhr erreichten wir Kainach bei Wildon; wir blickten dabei sowohl auf unsere erster „Grazer-Superzelle“…

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… als auch auf die Neubildung im Westen, die sich auch zu einer Superzelle ausgebildet hatte:

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Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/regenra ... 1810z.html)

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Wie die östliche „Grazer-Superzelle“ fing auch unsere westliche Zelle rasch an zu schwächeln, wechselte das Stadium zuerst zu einer LP-Superzelle…

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… und dann zu einer Multizelle (gegen 18:45 Uhr; Blickrichtung Norden):

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Quelle: Radarska Slika Padavin (http://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)

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Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/regenra ... 1810z.html)

Nachdem diese Zelle nicht mehr nach SE ausscherte, sondern von der Strömung nach E bzw. NW gedrückt wurde und sich deutlich abschwächte, ließen wir sie abziehen. Doch der Tag war noch nicht vorbei! Im Nordwesten bildeten sich dahinter neue Zellen. Daher ging’s wieder zurück nach Unterpremstätten, von wo aus wir einen guten Blick auf die Zellen im Norden hatten (gegen 19:45 Uhr; Blickrichtung Norden):

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Da die Zelle etwas nach SE scherte, wurde sie immer stärker, die Radarechos waren enorm, obwohl die „Grazer-Superzelle“ die Energie hätte rauben
müssen. Aber ganz im Gegenteil, durch die starke Höhenströmung wurde neue Energie herangeführt, die Zelle explodierte förmlich. Wir fuhren zurück zu unserem Ausgangspunkt am Flughafen, von wo aus wir einen super Blick auf dieses, mittlerweile zur Superzelle gewachsenen Gewitters hatten (gegen 20:00 – 20:15 Uhr):

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Quelle: Kachelmannwetter.at (https://kachelmannwetter.com/at/regenra ... 1810z.html)

An unserem Standort setzte dann Regen ein, es drückte Gewitter aus dem Bezirk Deutschlandsberg Richtung südliches Graz-Umgebung. Wir beobachteten die gewaltige, teils
stroboskopartige Blitzshow. Leider gab’s vor allem in der Stadt fürchterliche Schäden durch Hagel und Starkregen. Vielen Dank an Georg Pistotnik, der uns telefonisch begleitete und im auf dem Laufenden hielt. Sehr cool auch, dass wir endlich unseren slowenischen Kollegen Kristijan Cizerl kennen lernen konnten, der uns mit seinem Fachwissen beeindruckte.

Es folgen noch einige Videos in den nächsten Tagen. Papa Harald und Thomas werden noch Bilder anfügen. Ich hoffe, die Bilder finden Gefallen.
Liebe Grüße, Johannes,
Pernegg an der Mur (Bez. Bruck-Mürzzschlag (ca. 10 km südlich von Bruck an der Mur))
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Dustdevil
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Samstag 31. Juli 2021, 10:02

Wahnsinn! Sehr schön anzusehen, aber leider auch sehr schadensträchtig. Danke fürs Reinstellen! *super*
LG Gerald

[x]Standort: Karnberg Gemeinde St.Veit/Glan (640m)
[ ] Standort: St.Veit/Glan (476m)
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Feli
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Samstag 31. Juli 2021, 10:19

wenn man die bilder sieht, is klar, warum so viel wasser da runter kam und es so viele schäden gibt!
liebe grüsse
(die) Feli
Bild
Aschach/Steyr/OÖ 435m, Wetterstation: Davis Vant-Vue
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nuntius
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Samstag 31. Juli 2021, 13:56

Danke für die Doku! Da wart ihr auf den richtigen Plätzen. *top*
Standort: Südburgenland - 47°9'35''N 16°17'20''E - 263m ü.A.
Feuerfrosch 2019, ex aequo Schneefrosch 2021, Schneefrosch 2022 h.c.
Stormchaser175
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Samstag 31. Juli 2021, 19:03

Fantastic report. It was awesome. :)
Schwoza
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Samstag 31. Juli 2021, 20:06

Sehr gute Doku *top*
Standort: Oberhalb von Schwaz in Tirol auf knapp 900m
KaPe
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Sonntag 1. August 2021, 17:47

Sehr Sehr cool!
Danke für die Eindrucksvollen Bilder!
Lg KaPe
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ThomasPf
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Dienstag 3. August 2021, 00:15

Ja, das war ein gewaltiges Chasing! Danke für den Bericht. *top* *super*

Ein paar Ergänzungen (auch zu den Schäden) werde ich noch anfügen.
Liebe Grüße,
Thomas.


Hart bei Graz, Ragnitztal 47°4'25''N, 15°31'1''E, 418m ü.NN, bzw.
Graz Innere Stadt 47°04'12''N, 15°26'26''E, 353m ü.NN


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jfk
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Mittwoch 4. August 2021, 08:19

Hier nun die Videos vom Chasing:





Liebe Grüße, Johannes,
Pernegg an der Mur (Bez. Bruck-Mürzzschlag (ca. 10 km südlich von Bruck an der Mur))
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Feli
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Mittwoch 4. August 2021, 08:43

super die videos! sieht man schön was da los war - viel action.
leider ist das 3. video nicht verfügbar - url-fehler?
liebe grüsse
(die) Feli
Bild
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jfk
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Mittwoch 4. August 2021, 08:52

Feli hat geschrieben:
Mittwoch 4. August 2021, 08:43
super die videos! sieht man schön was da los war - viel action.
leider ist das 3. video nicht verfügbar - url-fehler?
Danke! Ups, ich habe den Zeitpunkt der Veröffentlichung auf 10:00 Uhr gelegt... in einer knappen Stunde sollte es gehen ;)
Liebe Grüße, Johannes,
Pernegg an der Mur (Bez. Bruck-Mürzzschlag (ca. 10 km südlich von Bruck an der Mur))
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Feli
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Mittwoch 4. August 2021, 10:30

okidoki :-) jetzt tuts! danke!
liebe grüsse
(die) Feli
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ThomasPf
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Wohnort: Hart bei Graz/ Ragnitztal

Mittwoch 4. August 2021, 23:33

Es war ein spannendes Chasing! Danke Johannes, für den ausgezeichneten Bericht! *top* *super*

Hier noch ergänzende Bilder:

Aufzug der Grazer Superzelle um 18 Uhr:
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Bei Wildon- die „alte“ Grazer Zelle und die über der Weststeiermark neu entstandene Zelle:
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Bei Kalsdorf, eine kurzlebige Zelle bei Deutschlandsberg um etwa 19 Uhr:
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Neue Multizellen in der nördlichen Weststeiermark:
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Um 20 Uhr eine weitere Superzelle über Graz:
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Einige Videos, von Usern aus Graz, zeigen die Auswirkungen der heftigen Superzelle(n) in Graz Nord und Ost:










Auch bei mir zu Hause fielen bis zu 5 cm große Hagelkörner:
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Dementsprechend sind Schäden an den Feldfrüchten (Mais, Kürbis, ...) aufgetreten:
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Bäume fielen teilweise um:
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Aber auch im eigenen Garten wurden Blätter von Zucchini, Kürbis, Sonnenblumenpflanzen und Co. regelrecht durchlöchert:
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Nicht nur Hagel und Sturm richteten Schäden an. *flop* Schäden durch Starkregen sind bei diesen großen Niederschlagssummen leider vorprogrammiert. Bei einigen Station, die meisten sind TAWES-station der ZAMG, im Raum Graz wurde die 100 mm-Marke überschritten:

Graz-Andritz (Hydrographischer Dienst): 171 mm,
Graz-Universität: 112 mm,
Laßnitzhöhe: 96 mm,
Graz-Straßgang: 42 mm,
Graz Flughafen (ACG): 36 mm,
St. Radegund: 21 mm,
Schöckl: 12 mm.

Nur ein Beispiel für die erheblichen Schäden durch Starkregen und Überflutungen, besonders in der Nähe der Grazer Stadtbäche im Osten: Erhebliche Schäden auch beim Arbeitsplatz meines Vaters am Institut für Pflanzenwissenschaften der Uni Graz (Botanischer Garten). Ein im Keller des Gebäudes stehender elektrischer Verteilerkasten wurde geflutet, sodass für 3 Tage der Strom ausfiel. In Folge mussten viele für die Forschung angelegten, in den Kühl- und Gefrierschränken aufbewahrten Pflanzenpräparate, vernichtet werden. Der Schaden dürfte allein dort in die tausende bis zehntausende Euro gehen.

LG.
Liebe Grüße,
Thomas.


Hart bei Graz, Ragnitztal 47°4'25''N, 15°31'1''E, 418m ü.NN, bzw.
Graz Innere Stadt 47°04'12''N, 15°26'26''E, 353m ü.NN


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Sehr coole Beiträge und Videos *grins*

Lg KaPe
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