Eine straffe Südwest-Strömung in der Höhe, eine sich annähernde Kaltfront aus Nordwesten und am Boden Südost-Wind: Die perfekten Bedingungen für heftige Unwetter. Nachdem es vorgestern bereits in Teilen Zentraleuropas ordentlich zur Sache ging, war nun der Süden und Südosten dran. Das sahen auch die Kolleginnen und Kollegen von ESTOFEX so, denn es wurde das LVL 3 ausgerufen. Hier die Wetterlage und die ESTOFEX-Vorhersage:
Quelle: GeoSphere Austria (https://www.zamg.ac.at/cms/de/wetter/wetterkarte)
Quelle: ESTOFEX (https://www.estofex.org/)
Bereits gegen 10:30 Uhr entstand binnen weniger Minuten im nördlichen Bereich des Bezirks Voitsberg eine erste Zelle. Diese verstärkte sich schnell und baute Richtung NE an. Deshalb setzte bei mir zu Hause Schirmregen ein.
Radar:
Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)
Ich beschloss, zeitnah Richtung Süden aufzubrechen und traf gegen 12:30 Uhr am Airport Graz ein. Dabei hatte ich guten Blick auf die Zellen im NW, N und NE.
Gegen 12:45 Uhr, Blickrichtung NW:
Die Zellen blieben vorerst im Gebirge. Ich wartete in der Zwischenzeit ab und plante meine weitere Route. Die Temperatur lag bei ca. 30 C und der Taupunkt bei ca. 19 C. Ungefähr eine halbe Stunde später tat sich konkretes am Himmel: Die Bewölkung nahm zu, ich dachte, es entsteht ein Aufwindturm über mir:
Gegen 13:15 Uhr, Blickrichtung WNW:
Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)
Doch dann folgte die Ernüchterung. Es war kein Aufwindbereich, es war eine Art Inflow-Bewölkung, die aufgrund des starken Outflows entstand. Es setzte schlagartig N-Wind ein, die Temperatur fiel auf ca. 21 C und der Taupunkt auf ca. 13 C.
Dies änderte für mich einiges. Da die Zellen nach wie vor nicht aus den Bergen herauskamen und da sich auf der A9 durch Baustellen und Unfälle teils exorbitante Staus entwickelt hatten, beschloss ich nach Osten zu fahren und hoffte, dass dort die Bedingungen besser waren.
Nächster Halt: Lassnitzhöhe gegen 14:00 Uhr, Blickrichtung N. Eine Multizelle mit ordentlicher Dynamik:
Die Zellen zogen weiter Richtung NE, die Bedingungen waren auch südöstlich von Graz nicht besser, daher ging es für mich schnell weiter Richtung Osten. Um 14:24 Uhr sah ich von der Autobahn die Vorderseite weit im Nordosten:
Ich versuchte im Burgenland an die Vorderseite zu kommen, was aber nicht gelang. Aufgrund der Zugbahn nach NE zogen die Zellen immer weiter weg. Ich fuhr beim Exit Bad Waltersdorf von der A2 ab und via Burgau und Burgauberg zurück nach Fürstenfeld. Währenddessen erkannte ich am Radar, dass sich vorlaufend zur Linie aus Kärnten im Bereich Maribor, Leibnitz und Feldbach eine neue Linie bildete >> ein neues Ziel für mich.
Radar:
Quelle: Radarska Slika Padavin (https://meteo.arso.gov.si/met/sl/weather/observ/radar/)
Da die ganze Geschichte nun Fahrt aufzunehmen schien, hieß es, keine Zeit zu verlieren und schnell nach Süden zu kommen. Über Übersbach fuhr ich nach Lammeck, wo diese Aufnahme eines Aufwindbereichs einer Multizelle im Norden entstand.
15:25 Uhr, Blickrichtung NNW:
Schnell fuhr ich weiter über den Oedgraben Richtung Ederberg. Dort hatte man gute Sicht auf eine Neubildung Richtung Westen. Multizelle von 15:30 – 15:45 Uhr:
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Nun begann ein Wettlauf mit der Zeit. Da die Zellen plötzlich einen ordentlichen Ruck nach Osten machten und immer mehr Zellen im Südwesten entstanden, musste ich versuchen, im Süden auf die Vorderseite zu kommen. Via Fehring und St. Anna am Aigen wollte ich nach Bad Radkersburg und dann weiter nach SE. Doch der Abstand zur Zelle wurde immer geringer, zu gering. Kurz vor St. Anna am Aigen (gegen 16:15 Uhr) sah die Lage so aus: Der Aufwindbereich bzw. die Wallcloud der Superzelle stand fast auf Augenhöhe mit mir wenige hunderte Meter entfernt:
Heftig. Selten hatte ich beim Chasen so viel Respekt, denn aus den Bereichen der Zelle wurde bereits Großhagel gemeldet und jeder Chaser weiß bei solchen Strukturen sofort Bescheid…
Kurz nach St. Anna am Aigen war es dann so weit. Ich wurde vom Monster geschluckt:
Erste Tropfen, dann Starkregen, gefolgt von Sturm… und Hagel. Letzterer blieb zum Glück klein bei max. 2 cm. Heftig waren Starkregen und Sturm, von den Bäumen wurden teils größere Äste abgerissen und das Wasser stand zentimeterhoch auf der Straße. An ein schnelles Weiterkommen war nicht zu denken. Dennoch schaffte ich es bis Bad Radkersburg, wo ich überraschenderweise sogar wieder die Vorderseite im SE sah. Doch in Bad Radkersburg selbst erwischte mich noch einmal der Downburst aus Südwesten, wieder gab es Starkregen, Sturm und Hagel, diesmal bis ca. 3 cm, aber zum Glück trafen nur wenige Hagelkörner das Auto. Nach Sicheldorf auf dem Weg nach Murska Sobota sah ich im SE die Vorderseite der Böenfront / Squall line samt Böenwalze gegen 16:45 Uhr:
Wenige Minuten später dann dieser Staubsturm am linken unteren Bildrand. Aufgrund der zu dieser Zeit massiven Aufwinddynamik würde ich auf einen Böenfrontwirbel / Gustnado tippen:
Ich suchte dann in der Gegend einen Unterstand für das Auto und ließ mich gegen 17:00 Uhr von der Zelle überrollen. Zuvor entstanden noch diese Bilder:
Der „Deckel“ war wirklich eindrucksvoll…
Dann gab es noch eine Funnel in der Böenwalze, zum Zeitpunkt des Bildes schon wieder in Auflösung begriffen:
Wallcloud der südlicheren „Maribor-Superzelle“ samt bedrohlichen Niederschlag rechts davon:
Hagel war zum Glück keiner mehr dabei, bei Starkregen brach ich nach Hause auf. Allein war ich mit der Situation dieses Unwetter-Outbreaks leider überfordert, dennoch gelangen einige Aufnahmen. Ich muss gestehen, dass die Aktion bei St. Anna am Aigen schon sehr gefährlich war und ich - im Nachhinein gesehen - ein solches Risiko nicht hätte eingehen sollen. Ich hoffe die Bilder gefallen. Leider gibt es auch immense Schäden, bitte einfach an den Bericht anhängen, wenn es dazu Aufnahmen gibt. Never stop chasing!
) von mehreren BeobachterInnen fortografisch festgehalten: 
